Aluminium effizienter vernickeln

Mehr Kapazität und schnellere Durchlaufzeiten für die chemische Vernickelung von Aluminium-Bauteilen

Aluminium effizienter vernickeln

Beim Neubau einer Chemisch-Nickel-Anlage standen niedrigere Beschichtungskosten und mehr Flexibilität sowie nachhaltiges Energie- und Ressourcenmanagement im Fokus.

Im AHC-Werk Heimstetten erfolgte im letzten Jahr der Aufbau einer neuen Chemisch-Nickel-Anlage. Die alte Beschichtungslinie wurde vollständig abgebaut. Während der Umbauphase von immerhin vier Monaten mussten andere Standorte innerhalb der Unternehmensgruppe die weggefallenen Kapazitäten kompensieren. Da AHC europaweit über 19 Standorte mit insgesamt 900 Mitarbeitern verfügt, stellte dies allerdings kein größeres Problem dar. Pro Jahr beschichtet das Unternehmen die beeindruckende Anzahl von einer Milliarde Bauteile für die verschiedensten technischen Branchen. Rund 80 Prozent des Umsatzes entstehen in der Automobilindustrie und deren Zulieferern sowie dem Maschinenbau. Dabei nimmt der Werkstoff Aluminium als zu beschichtender Grundwerkstoff eine immer bedeutendere Rolle ein.

Deshalb galt es bei der Modernisierung des AHC-Werkes in München Nägel mit Köpfen zu machen. Heute verfügt der Standort im Vergleich zu vorher über die fünffache Kapazität. Dies gelang unter anderem durch eine erhebliche Verkürzung der Durchlaufzeiten. Die vollautomatisierte Anlage – kurz DNC-AL-Anlage genannt – arbeitet nach dem Durni-Coat-Verfahren.

Die Abscheidung erfolgt außenstromlos in einem wässrigen Elektrolyten mit gelösten Nickelionen, ein Reduktionsmittel liefert den notwendigen Phosphor. Der sehr homogene Schichtaufbau läuft so lange, bis das Bauteil aus dem Elektrolyten entfernt wird. Vorteilhaft ist, dass der Schichtaufbau sehr gleichmäßig über das gesamte Bauteil erfolgt und auch Hohlräume und Bohrungen bei ausreichendem Elektrolytaustausch sehr homogen beschichtet werden können.

Zielgruppe der neuen Anlage sind insbesondere die Automobilindustrie und andere Schlüsselbranchen. Deshalb wurde bei der Auslegung Wert auf eine hohe Effizienz und Wirtschaftlichkeit sowohl bei Klein- als auch bei Großserien gelegt. Der jetzige Werkleiter Marco Hof sieht das Werk mit der neuen DNC-AL-Anlage, die von der MKV GmbH aus Allersberg konzipiert und gebaut wurde, für kommende Aufgaben im Bereich der chemischen Vernickelung sehr gut aufgestellt.

Insgesamt lässt sich die Entwicklung des Münchner Werkes während der letzten 25 Jahre als bayerische Erfolgsgeschichte bezeichnen, denn dieses wurde vom handwerklich orientierten Beschichter zum innovativen Dienstleister für anspruchsvolle Großserien aufgebaut.

Die neue Anlage bietet ein Warenfenster von 1.000 mm × 1.200 mm x 600 mm (L × H × B) und eine maximale Nutzlast der Warenträger von 150 kg. Gefahren wird die bleifreie Variante Durni-Coat 571 mit einem Phosphorgehalt von 9 bis 13 Prozent, mit der sich besonders korrosions- und verschleißfeste Schichten erzeugen lassen. Es sind zwei aktive Beschichtungsbecken installiert, so dass bei Bedarf ein weiterer Chemisch Nickel-Elektrolyt mit anderen Eigenschaften eingesetzt werden kann. Mittelfristig ist eine Erweiterung auf eine dritte Wanne geplant, um zusätzliche Einsatzgebiete noch flexibler bedienen zu können. Die vollautomatische Anlage ist so konzipiert, dass möglichst wenige Chemikalien verbraucht beziehungsweise die Badstandzeiten verlängert werden. Deshalb wurde im Bereich der Filtration und Badaufbereitung erheblicher Aufwand getrieben. Auch ein automatischer Nickelcontroller sowie standzeitverlängernde, autarke IAT-Spülen (Ionenaustauscher-Spülen) sind im Einsatz.

Um Nickel zu sparen, fährt die Anlage mit neuen Kunststoffgestellen. Diese bieten gegenüber herkömmlichen metallischen Gestellen, die mit einer Epoxy-Oberfläche deaktiviert werden, den Vorteil, dass es unter keinen Umständen zu einer Nickelabscheidung kommen kann. Aus dem gleichen Grund werden auch spezielle Kunststoffhaken, die das Beschichtungsgut halten, eingesetzt. Weiterhin soll die effiziente Kühltechnik wichtiger Prozessbäder eine Energieeinsparung ermöglichen.

Effizientes Energiemanagement

Das Besondere an dem Konzept ist, dass die Wärmetauscher nicht als Kühlschlangen in den Wannen angeordnet sind, sondern die Wannen vielmehr von außen großflächig gekühlt werden. Damit kann auch mit geringeren Temperaturdifferenzen effektiv gekühlt werden, außerdem vergrößert sich das nutzbare Badvolumen.

Auch die Reinigung wird erleichtert. Das gleiche Konzept findet in Form einer sogenannten Mantelheizung Anwendung bei beheizten Bädern. Zur Optimierung des Energiemanagements kommt ein spezielles Regelungssystem zum Einsatz, um warme und kalte Medienströme sowie Rückflüsse aus Rückgewinnungsmaßnahmen bestmöglich zu nutzen und den Primärenergieverbrauch zu minimieren. Einsparungen konnten auch im Bereich der Abluft realisiert werden.

Alle Bäder verfügen über eine großflächige Abdeckung, die lediglich Aussparungen für den Warenträger aufweist. Geöffnet werden die Deckel nur, wenn unmittelbar Warenträger aus- oder eingefahren werden. Dadurch kann das konstant über den Bädern abzusaugende, kontaminierte Luftvolumen erheblich reduziert werden. Um im Moment der Deckelöffung die aufsteigenden Luftmengen sofort einzufangen, bevor sie sich mit der Umgebungsluft vermischen können, verfügen sogar die Transportwagen über eine integrierte Absaugung. Im Ergebnis müssen laut AHC lediglich 8.000 m³/h verunreinigte Luft an der gesamten Anlage abgesaugt werden.

Der Serienanlauf

Im Herbst 2014 wurde die neue DNC-ALAnlage mit einer Lasershow und zahlreichen geladenen Gästen feierlich eingeweiht. Unmittelbar nach der Showeinlage setzte sich der Verfahrwagen offiziell das erste Mal in Bewegung. Aus gegebenem Anlass durfte er ein Aluminiumschild mit dem eingelaserten AHC-Logo und dem Schriftzug „25 Jahre“ im Durni-Coat-Verfahren chemisch vernickeln.

Nach nunmehr fast sechs Monaten Laufzeit haben sich die Anlage und das ressourceneffiziente Energiesparkonzept bereits bewährt. Werkleiter Marco Hof und Maik Staude, Leiter Prozesstechnologie, sind sehr zufrieden mit den Beschichtungsergebnissen, auch wenn die Hochlaufphase noch nicht vollständig abgeschlossen ist. „An neuen Ideen zur Verbesserung unserer Beschichtungsprozesse mangelt es uns nie“, so Maik Staude.

Quelle: mo - Magazin für Oberflächentechnik Jahrg. 69 (2015) 3